Wie kann eine Rechenschwäche diagnostiziert werden?

Das Verstehen jedes aufbauenden Lernschrittes in der Mathematik erfordert, dass das Kind bestimmte gedankliche Voraussetzungen aus vorherigen Lernschritten erworben haben muss (hierarchisch-logischer Aufbau). Die entscheidende Frage für die Diagnose einer Rechenschwäche ist somit: Hat ein Kind diese Voraussetzungen altersgemäß entwickelt, so dass es aufbauende Lerninhalte überhaupt begreifen kann? Um dies entscheiden zu können, muss genau untersucht werden, welche gedanklichen Vorstellungen über den Inhalt der Mathematik und welche aktuellen mathematischen Fähigkeiten das Kind mitbringt. Die so ermittelte Lernausgangslage des Kindes ist die Grundlage für den eventuellen 'Neuaufbau der Mathematik' in einer Dyskalkulie-Therapie.

Der entscheidende Nachteil herkömmlicher quantitativ-statistisch konzipierter Rechentests ist, dass hierdurch in erster Linie nur das Ergebnis von Rechenaufgaben (falsch/richtig) beurteilt wird, und nicht die Denk- und Lösungsstrategien des Kindes aufgedeckt werden, die zu einem bestimmten Ergebnis geführt haben. Da aber rechenschwache Kinder in den ersten Klassen noch vielfältige Möglichkeiten haben,  zugrunde liegende, falsche Denkweisen zu kompensieren (Auswendiglernen von Ergebnissen, Abzählen an Fingern oder Gegenständen etc.), können diese Tests das Vorliegen einer Rechenschwäche häufig nicht aufdecken. Nur eine qualitativ orientierte Diagnostik kann individuell ausgebildete falsche mathematische Denk- und Rechenstrategien differenziert aufdecken.